Tausende Jahre in der Zukunft, in einer Welt in der die
Menschen in Stämmen leben und gegen die Übermacht der Maschinen kämpfen,
versucht die Ausgestoßene Aloy ihre Vergangenheit zu entdecken. Dabei entpuppt
sich das postapokalyptische Action-RPG als wahres Open-World Meisterwerk mit
Tiefgang.
Aloy hat es nicht leicht. Bereits als Säugling wurde sie
verstoßen. Warum, weiß sie allerdings auch Jahre später noch nicht. Sie ist
mutterlos, was für den äußerst gläubigen Stamm der Nora eine schwere Sünde ist.
So lebt sie bei Rost, einem ausgestoßenen Jäger, der sie wie ein Vater von
Kindesbeinen an aufzieht. Er lehrt sie die Kunst der Jagd und Aloy beschließt
an der sogenannten Erprobung teilzunehmen. Ist sie erfolgreich, wird sie wieder
in den Stamm als Jägerin integriert. Gewinnt sie sogar, so erfüllen ihr die
Erzmütter einen beliebigen Wunsch. Motivation genug, über Jahre hart dafür zu
trainieren.
Horizon Zero Dawn erzählt in seinen ersten Stunden vor allem
vom Überleben in der postapokalyptischen Welt und der Kultur der Nora. Das
wahre Ausmaß der epischen Hintergrundgeschichte offenbart sich erst nach und
nach. Es ist unmöglich etwas über die hervorragende Story zu verraten, ohne
grandiose Twists offenzulegen, doch so viel sei gesagt: Die Entwickler spielen
an vielen Stellen mit der Erwartungshaltung der Spieler und überraschen durch
konsequente und mutige Details. Die Geschichte wird mit zunehmender Spielzeit
immer fesselnder und weiß es gekonnt einen Strudel der Faszination zu erzeugen.
Die Welt in der Aloy lebt ist ebenso faszinierend, wie
erschreckend. In der großen offenen Spielwelt entdeckt man überall die Spuren
und Geschichten der Vergangenheit. Das kennt man bereits von anderen Spielen in
ähnlichem Setting. Was Horizon Zero Dawn neben der Robo-Bedrohung aber zudem einzigartig
macht, sind die fremden Kulturen und Gesellschaften, die sich in den tausenden
Jahren entwickelt haben. Nach und nach trifft Aloy auf Zugehörige der
verschiedensten Stämme. Carja, Oseram und Banuk sind dabei nur die
prominentesten Vertreter. Sie erkunden ihre Kultur, bereist fremde Städte und
trifft immer wieder auf starke Charaktere. Die Welt von Horizon Zero Dawn fühlt
sich lebhaft, echt und glaubwürdig an. Sprüht vor Leben. Besonders in Verbindung
mit den zahlreichen Offenbarungen der Vergangenheit, wirken die neu
geschaffenen Kulturen einfach nur faszinierend und es macht riesigen Spaß sie
zu entdecken.
Abseits der Hauptgeschichte findet man zahlreiche Quests mit
durchaus interessanten Geschichten dahinter. Diese liegen zwar in Quantität und
Länge hinter RPG-Schwergewichten wie The Witcher 3 zurück, müssen sich
storytechnisch aber keinesfalls hinter ihnen verstecken und stehen eindeutig
über RPG-Standardkost. Neben den unterhaltsamen Nebenquests beschäftigt sich Aloy
zudem mit verschiedenen Aufträgen, geht auf Maschinenjagd, verbessert ihre
Ausrüstung oder sammelt allerlei Collectibles. Diese sind teilweise sogar lose
in die Handlung integriert, liefern Spekulationsspielraum und bieten obendrein
eine Belohnung, die durchaus nennenswert ist. Anders als in es zum Beispiel in
den letzten Teilen der Assassin’s Creed Serie war, bleibt die Jagd nach den
Schätzen stets überschaubar, motivierend und in der Spielwelt glaubhaft.
Neben der mutigen Geschichte, der tollen Atmosphäre und der
grandiosen Welt, punktet Horizon Zero Dawn auch durch sein fabelhaftes
Gameplay. Grundsätzlich stehen Aloy Pfeil und Bogen zu Verfügung. Die Munition
dafür muss sie sich aus Maschinenteilen und Materialien aus der Umwelt selbst
herstellen. Der Clou: Die Metallscherben, welche sie für Pfeile braucht, dienen
in der Welt von Horizon Zero Dawn auch als gebräuchliches Zahlungsmittel. Dies
führt jedoch selten zu wirklicher Munitionsknappheit. Lässt einen jedoch
durchaus zweimal überlegen, ob die neue Ausrüstung bei Geldknappheit wirklich
nötig ist. Solche Kniffe sah man ja bereits in Spielen wie Metro oder teilweise
auch in der Fallout-Serie (Kronkorkenmine). Während die Jägerin zu Beginn
lediglich einfache Pfeile im Repertoire hat, verfügt sie bald über ein breites
Sortiment an Bögen und Geschossen, die unterschiedliche Attribute haben oder
Elementschaden verursachen. Neben dieser Waffenart und ihrem Speer für den
Nahkampf, stehen ihr zudem zahlreiche andere Werkzeuge zur Verfügung. Egal ob
Schleuder, Sprengfallen, Stolperdraht oder Seilwerfer, das umfassende Inventar
von Aloy bietet gegen jeden Feind die passende Ausrüstung. Diese ist auch
nötig, denn die Maschinen von Horizon Zero Dawn geben durchaus fordernde Gegner
ab. Selbst durch die Fähigkeiten im Levelaufstieg nimmt die Gefahr durch sie
nur bedingt ab. Aloy ist selbst auf dem höchsten Level keine übermächtige
Kriegerin und kann bei unvorsichtigem Vorgehen oder schlechter Ausrüstung immer
noch leicht das Nachsehen haben. Daher ist es wichtig die zahlreichen Maschinen
mit dem sogenannten Fokus zu scannen, ihre Schwachpunkte zu erkennen und ihr
Verhalten zu studieren. Hat Aloy in den entsprechenden Brutstätten zudem genug
Informationen gesammelt, kann sie einzelne Maschinen überbrücken und für sich
selbst kämpfen lassen. Zusammen mit einer fabelhaft funktionierenden
Schleichmechanik, führt dies zu zahlreichen Möglichkeiten jeden einzelnen Konflikt zu
meistern.
Über die optischen Qualitäten dieses Exklusivtitels muss man
meiner Meinung nach nicht viel sagen. Horizon Zero Dawn gehört ohne Frage zu
den grafisch opulentesten und schönsten Spielen des Jahres. Das grandiose
Maschinendesign und die Darstellung der Gesellschaft tun ihr übriges und
erzeugen eine fesselnde Erfahrung die ihresgleichen sucht. Die Animationen
wirken, besonders bei den Maschinen, lebensnah und stets dynamisch. Zwar merkt
man, dass die Engine hinter dem Spiel noch an einigen Stellen ausbaufähig ist,
doch stört dies das Spielgefühl zu keiner Sekunde. Auch akustisch spielt der
Titel in der ersten Liga. Der fantastische Soundtrack untermalt die Kulisse
meist mit bedrohlichen oder melancholischen Tönen, welche die Ambivalenz von
Schönheit und Grausamkeit dieser Welt perfekt unterstreichen. Die deutsche
Vertonung ist eigentlich gut gelungen. Wichtige Figuren haben stets passende
und engagierte Sprecher erhalten und selbst kleine NPCs tanzen selten aus der
Reihe. Lediglich bei der Lippensynchronität gibt es gröbere Schnitzer. Dieses
Problem kennt man jedoch aus der Spieleindustrie bereits zur Genüge.
Was kann ich abschließend zu Horizon Zero Dawn sagen?
Eigentlich nur, dass ich immer noch extrem überrascht bin, was für ein Spiel
die Entwickler von Guerilla Games hier erschaffen haben. Schon bei seiner
Ankündigung und bei der Präsentation auf der Game City Vienna 2017 fand ich den
Titel spannend, dass die Macher vom linearen Shooter Killzone allerdings solch
ein grandioses Open World-Meisterwerk abliefern, hatte ich nicht erwartet. Hier
stimmt einfach alles! Eine glaubhafte und faszinierende Welt, die ebenso
bedrohlich wie wunderschön ist und einfach nur zum Entdecken einlädt, eine
mutige und fesselnde Handlung mit starken Charakteren und enorm motivierendes
Gameplay. Dabei übermitteln die Entwickler obendrein eine Message, die ins Mark
geht und auf jeden Fall zum Nachdenken anregt. Die wenigen Kritikpunkt wie
fehlende Mini-Aktivitäten oder Lippensynchronität verpuffen im Angesicht des
beinahe makellosen Gesamtbildes. Mit rund fünfzig Stunden Spielzeit liegt
Horizon Dawn zwar hinter echten RPG-Brocken wie Witcher, Elder Scrolls oder
Fallout zurück, unterhält dafür jedoch stets auf höchstem Niveau. Außerdem
sollte man hier erneut die Vergangenheit der Entwickler im Hinterkopf haben.
Denn bisher hatten sie in diesem Genre keine Erfahrung und für ein
actionorientiertes Open-World Spiel ist die Spieldauer immer noch mehr als
ausreichend. Nach diesem grandiosen Auftakt kann man sich nur auf die kommenden
DLCs freuen und auf eine Fortsetzung hoffen. Eigentlich kann ich hier am Ende
nur noch sagen, dass Horizon Zero Dawn eines der besten Spiele der letzten
Jahre ist, das jeder PS4-Besitzer gespielt haben sollte. Einer der wenigen
Titel, der einem beim Ablauf der Credits das Gefühl gibt, etwas Einzigartiges
erlebt zu haben. Ein riesiges Dankeschön nach Amsterdam. Bitte mehr davon!
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