Sonntag, 13. August 2017

Horizon Zero Dawn (PS4)



Tausende Jahre in der Zukunft, in einer Welt in der die Menschen in Stämmen leben und gegen die Übermacht der Maschinen kämpfen, versucht die Ausgestoßene Aloy ihre Vergangenheit zu entdecken. Dabei entpuppt sich das postapokalyptische Action-RPG als wahres Open-World Meisterwerk mit Tiefgang.


Aloy hat es nicht leicht. Bereits als Säugling wurde sie verstoßen. Warum, weiß sie allerdings auch Jahre später noch nicht. Sie ist mutterlos, was für den äußerst gläubigen Stamm der Nora eine schwere Sünde ist. So lebt sie bei Rost, einem ausgestoßenen Jäger, der sie wie ein Vater von Kindesbeinen an aufzieht. Er lehrt sie die Kunst der Jagd und Aloy beschließt an der sogenannten Erprobung teilzunehmen. Ist sie erfolgreich, wird sie wieder in den Stamm als Jägerin integriert. Gewinnt sie sogar, so erfüllen ihr die Erzmütter einen beliebigen Wunsch. Motivation genug, über Jahre hart dafür zu trainieren.

Horizon Zero Dawn erzählt in seinen ersten Stunden vor allem vom Überleben in der postapokalyptischen Welt und der Kultur der Nora. Das wahre Ausmaß der epischen Hintergrundgeschichte offenbart sich erst nach und nach. Es ist unmöglich etwas über die hervorragende Story zu verraten, ohne grandiose Twists offenzulegen, doch so viel sei gesagt: Die Entwickler spielen an vielen Stellen mit der Erwartungshaltung der Spieler und überraschen durch konsequente und mutige Details. Die Geschichte wird mit zunehmender Spielzeit immer fesselnder und weiß es gekonnt einen Strudel der Faszination zu erzeugen.

Die Welt in der Aloy lebt ist ebenso faszinierend, wie erschreckend. In der großen offenen Spielwelt entdeckt man überall die Spuren und Geschichten der Vergangenheit. Das kennt man bereits von anderen Spielen in ähnlichem Setting. Was Horizon Zero Dawn neben der Robo-Bedrohung aber zudem einzigartig macht, sind die fremden Kulturen und Gesellschaften, die sich in den tausenden Jahren entwickelt haben. Nach und nach trifft Aloy auf Zugehörige der verschiedensten Stämme. Carja, Oseram und Banuk sind dabei nur die prominentesten Vertreter. Sie erkunden ihre Kultur, bereist fremde Städte und trifft immer wieder auf starke Charaktere. Die Welt von Horizon Zero Dawn fühlt sich lebhaft, echt und glaubwürdig an. Sprüht vor Leben. Besonders in Verbindung mit den zahlreichen Offenbarungen der Vergangenheit, wirken die neu geschaffenen Kulturen einfach nur faszinierend und es macht riesigen Spaß sie zu entdecken.

Abseits der Hauptgeschichte findet man zahlreiche Quests mit durchaus interessanten Geschichten dahinter. Diese liegen zwar in Quantität und Länge hinter RPG-Schwergewichten wie The Witcher 3 zurück, müssen sich storytechnisch aber keinesfalls hinter ihnen verstecken und stehen eindeutig über RPG-Standardkost. Neben den unterhaltsamen Nebenquests beschäftigt sich Aloy zudem mit verschiedenen Aufträgen, geht auf Maschinenjagd, verbessert ihre Ausrüstung oder sammelt allerlei Collectibles. Diese sind teilweise sogar lose in die Handlung integriert, liefern Spekulationsspielraum und bieten obendrein eine Belohnung, die durchaus nennenswert ist. Anders als in es zum Beispiel in den letzten Teilen der Assassin’s Creed Serie war, bleibt die Jagd nach den Schätzen stets überschaubar, motivierend und in der Spielwelt glaubhaft.

Neben der mutigen Geschichte, der tollen Atmosphäre und der grandiosen Welt, punktet Horizon Zero Dawn auch durch sein fabelhaftes Gameplay. Grundsätzlich stehen Aloy Pfeil und Bogen zu Verfügung. Die Munition dafür muss sie sich aus Maschinenteilen und Materialien aus der Umwelt selbst herstellen. Der Clou: Die Metallscherben, welche sie für Pfeile braucht, dienen in der Welt von Horizon Zero Dawn auch als gebräuchliches Zahlungsmittel. Dies führt jedoch selten zu wirklicher Munitionsknappheit. Lässt einen jedoch durchaus zweimal überlegen, ob die neue Ausrüstung bei Geldknappheit wirklich nötig ist. Solche Kniffe sah man ja bereits in Spielen wie Metro oder teilweise auch in der Fallout-Serie (Kronkorkenmine). Während die Jägerin zu Beginn lediglich einfache Pfeile im Repertoire hat, verfügt sie bald über ein breites Sortiment an Bögen und Geschossen, die unterschiedliche Attribute haben oder Elementschaden verursachen. Neben dieser Waffenart und ihrem Speer für den Nahkampf, stehen ihr zudem zahlreiche andere Werkzeuge zur Verfügung. Egal ob Schleuder, Sprengfallen, Stolperdraht oder Seilwerfer, das umfassende Inventar von Aloy bietet gegen jeden Feind die passende Ausrüstung. Diese ist auch nötig, denn die Maschinen von Horizon Zero Dawn geben durchaus fordernde Gegner ab. Selbst durch die Fähigkeiten im Levelaufstieg nimmt die Gefahr durch sie nur bedingt ab. Aloy ist selbst auf dem höchsten Level keine übermächtige Kriegerin und kann bei unvorsichtigem Vorgehen oder schlechter Ausrüstung immer noch leicht das Nachsehen haben. Daher ist es wichtig die zahlreichen Maschinen mit dem sogenannten Fokus zu scannen, ihre Schwachpunkte zu erkennen und ihr Verhalten zu studieren. Hat Aloy in den entsprechenden Brutstätten zudem genug Informationen gesammelt, kann sie einzelne Maschinen überbrücken und für sich selbst kämpfen lassen. Zusammen mit einer fabelhaft funktionierenden Schleichmechanik, führt dies zu zahlreichen  Möglichkeiten jeden einzelnen Konflikt zu meistern.

Über die optischen Qualitäten dieses Exklusivtitels muss man meiner Meinung nach nicht viel sagen. Horizon Zero Dawn gehört ohne Frage zu den grafisch opulentesten und schönsten Spielen des Jahres. Das grandiose Maschinendesign und die Darstellung der Gesellschaft tun ihr übriges und erzeugen eine fesselnde Erfahrung die ihresgleichen sucht. Die Animationen wirken, besonders bei den Maschinen, lebensnah und stets dynamisch. Zwar merkt man, dass die Engine hinter dem Spiel noch an einigen Stellen ausbaufähig ist, doch stört dies das Spielgefühl zu keiner Sekunde. Auch akustisch spielt der Titel in der ersten Liga. Der fantastische Soundtrack untermalt die Kulisse meist mit bedrohlichen oder melancholischen Tönen, welche die Ambivalenz von Schönheit und Grausamkeit dieser Welt perfekt unterstreichen. Die deutsche Vertonung ist eigentlich gut gelungen. Wichtige Figuren haben stets passende und engagierte Sprecher erhalten und selbst kleine NPCs tanzen selten aus der Reihe. Lediglich bei der Lippensynchronität gibt es gröbere Schnitzer. Dieses Problem kennt man jedoch aus der Spieleindustrie bereits zur Genüge.


Was kann ich abschließend zu Horizon Zero Dawn sagen? Eigentlich nur, dass ich immer noch extrem überrascht bin, was für ein Spiel die Entwickler von Guerilla Games hier erschaffen haben. Schon bei seiner Ankündigung und bei der Präsentation auf der Game City Vienna 2017 fand ich den Titel spannend, dass die Macher vom linearen Shooter Killzone allerdings solch ein grandioses Open World-Meisterwerk abliefern, hatte ich nicht erwartet. Hier stimmt einfach alles! Eine glaubhafte und faszinierende Welt, die ebenso bedrohlich wie wunderschön ist und einfach nur zum Entdecken einlädt, eine mutige und fesselnde Handlung mit starken Charakteren und enorm motivierendes Gameplay. Dabei übermitteln die Entwickler obendrein eine Message, die ins Mark geht und auf jeden Fall zum Nachdenken anregt. Die wenigen Kritikpunkt wie fehlende Mini-Aktivitäten oder Lippensynchronität verpuffen im Angesicht des beinahe makellosen Gesamtbildes. Mit rund fünfzig Stunden Spielzeit liegt Horizon Dawn zwar hinter echten RPG-Brocken wie Witcher, Elder Scrolls oder Fallout zurück, unterhält dafür jedoch stets auf höchstem Niveau. Außerdem sollte man hier erneut die Vergangenheit der Entwickler im Hinterkopf haben. Denn bisher hatten sie in diesem Genre keine Erfahrung und für ein actionorientiertes Open-World Spiel ist die Spieldauer immer noch mehr als ausreichend. Nach diesem grandiosen Auftakt kann man sich nur auf die kommenden DLCs freuen und auf eine Fortsetzung hoffen. Eigentlich kann ich hier am Ende nur noch sagen, dass Horizon Zero Dawn eines der besten Spiele der letzten Jahre ist, das jeder PS4-Besitzer gespielt haben sollte. Einer der wenigen Titel, der einem beim Ablauf der Credits das Gefühl gibt, etwas Einzigartiges erlebt zu haben. Ein riesiges Dankeschön nach Amsterdam. Bitte mehr davon!

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