Donnerstag, 26. April 2018

Lauren Wolk - Eine Insel zwischen Himmel und Meer




Es war ein Tag wie jeder andere, als der Mann ein gerade noch seetüchtiges Boot am Strand seiner kleinen Insel entdeckt. Darin findet er ein Neugeborenes, ein kleines Mädchen. Er nimmt sie bei sich auf, gibt ihr den Namen Crow, und zieht sie fortan groß. Zwölf Jahre später beginnt das junge Mädchen ihre eigene Vergangenheit zu ergründen.

Die Geschichte nimmt seine Leser mit in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Crow ist inzwischen 12 Jahre alt und lebt gemeinsam mit Osh, der sie vieles lehrte, auf einer kleinen Insel, die Teil der Elisabeth Inseln ist, welche vor der Westküste Nordamerikas gelegen sind. Ihr Leben ist einfach und zweckmäßig, gleichzeitig jedoch voller Ruhe und Geborgenheit. Osh ist ein Aussteiger und spricht nicht über seine Vergangenheit, lediglich Miss Maggie, die eine Insel weiter eine Art Hof betreibt, scheint mehr über ihn zu wissen. Auf den größeren der Elisabeth Inseln, die die beiden immer wieder besuchen, um Waren einzukaufen, wird Crow von den meisten Menschen gemieden. Lange weiß sie nicht, woran das liegt, doch bald erkennt sie, dass sie Angst haben. Angst, sie könnte von Penikese Island kommen, wo vor einigen Jahren noch eine ganze Leprakolonie existierte. Obwohl das Mädchen vollkommen mit ihrem einfachen Leben zufrieden scheint, sehnt sie sich danach, zu erfahren, woher sie wirklich kommt. Sie beginnt damit, ihre Vergangenheit zu erforschen und ergründet dabei die tragische Geschichte der Leprakranken von Penikese. Unwissend stößt sie jedoch auf Geheimnisse, die sie und ihre Liebsten in Gefahr bringen. Es beginnt eine emotionale Geschichte über den wahren Wert von Familie, die auch einiges an Spannung bereithält und einige Male durchaus überraschen kann.

Lauren Wolks Jugendroman glänzt besonders durch die glaubhaft dargestellten Charaktere und deren nachvollziehbare Beziehungen und Handlungen. Er erzählt eine ruhige und gleichzeitig spannende Coming-of-Age Geschichte in einem Setting, das oftmals an Robinson Crusoe erinnert. Die alltäglichen Arbeiten und Erlebnisse von Crow zeigen eine einfachere, rauere Welt, die ebenso interessant, wie beruhigend wirkt. Die spannende und teils auch mysteriöse Handlung, die etwa ab der Hälfte des Buches einsetzt, setzt hierzu einen großartigen Kontrast, welcher die Geschichte insgesamt sehr abwechslungsreich und dynamisch erscheinen lässt. Lauren Wolks Schreibstil ist dabei einfach und leicht verständlich, durch seine Schnörkellosigkeit jedoch umso direkter und greifbarer. Dennoch verwendet sie immer wieder schöne Umschreibungen und Metaphern, die die Atmosphäre des Buches hervorragend unterstützen und ihm eine schöne Symbolik verleihen.

Insgesamt ist „Eine Insel zwischen Himmel und Meer“ ein grandioses Buch über das Finden des eigenen Ichs und den Wert der Familie, das sowohl junge, als auch ältere Leser, durch seine toll portraitierten Charaktere, begeistern kann. Definitiv eine große Empfehlung meinerseits!

Dienstag, 3. April 2018

A Silent Voice – Koe No Katachi



Die Geschichte des Filmes beleuchtet das Leben des Schülers Shoya Ishida. Zur Grundschulzeit macht er sich einen Spaß daraus, seine gehörlose Mitschülerin Shoko zu ärgern. Was als harmloser Spaß beginnt, breitet sich in der gesamten Klasse aus und schon bald wird das Mädchen zur Zielscheibe zahlreicher Mobbingangriffe. Sie trägt es so gut als möglich und versucht durch Nachsicht und Freundlichkeit ihre Trauer zu überspielen, doch als die Sache aus den Fugen gerät, wechselt Shoko die Schule und Shoya selbst wird dafür verantwortlich gemacht. Lehrer und Mitschüler beginnen ihm Vorwürfe zu machen und bald wird er zum Opfer seiner eigenen Taten, als sich die Mobbingangriffe gegen ihn richten. Gleichzeitig fühlt er sich unglaublich schuldig für das, was er getan hat, ein Gefühl, das ihn sich vollkommen abschotten lässt. Er verliert das Interesse an seinem Umfeld und beginnt, ein einsames Leben ohne Freunde zu fristen. Auch Jahre später hat er die seelischen Wunden, die er sich selbst zugefügt hat, nicht überwunden. Seine Schuldgefühle treiben ihn sogar bis zum versuchten Selbstmord. Schlussendlich entscheidet er sich dazu, das Mädchen von damals, Shoko Nishimiya, ausfindig zu machen und sich bei ihr zu entschuldigen. Es beginnt eine Geschichte um die Vergebung von Schuld und der Kampf, um mit sich selbst im Reinen zu sein. A Silent Voice ist ein romantisches Drama, das seinen Fokus aber hauptsächlich auf das persönliche Dilemma des Protagonisten legt und den Umgang mit seinen Schuldgefühlen portraitiert.

Audiovisuell präsentiert sich A Silent Voice in überragenden und wunderschönen Bildern, die durch traumhaft- melancholische Töne zu einer wunderbaren Symphonie verschmelzen, welche die bittersüße Geschichte um Schuld und die Last des eigenen Lebens, aber auch Freundschaft und Liebe, genial erzählen. Selbst die deutsche Vertonung ist auf einem äußerst hohen Niveau, was den Film wiederrum auch für Zuschauer interessant macht, die kein besonderes Interesse an Anime per se haben. Generell erzählt der Film seine Geschichte unglaublich einfühlsam und gleichzeitig sehr mutig. Oftmals muss man als Zuseher aufmerksam die Geschehnisse verfolgen, um die gesamte Geschichte zu verstehen. Dabei bleibt A Silent Voice weit entfernt von einer klassischen Liebesgeschichte und zeigt stattdessen oftmals die Probleme und Herausforderungen im Alltag als und mit gehörlosen Menschen.

Abschließend kann ich nur sagen, dass A Silent Voice wohl zu den besten und einfühlsamsten Filmen gehört, die ich je gesehen habe. Auch abseits von Animationsfilmen stellt der Streifen eine wahre Bereicherung für jede Filmsammlung dar. Ein wunderschönes Meisterwerk, das seine Zuschauer sowohl auf einer emotionalen, als auch auf einer geistigen Ebene treffen wird. Kurzum ist A Silent Voice ein pädagogisch und literarisch äußerst gelungenes und wertvolles Erlebnis für Zuschauer aus allen Interessensbereichen.