Nach Heavy Rain, versucht David Cage zusammen mit seinem
Team von Quantic Dream erneut die Spielerschaft durch große Emotionen mit sich
zu reißen. Und erneut spaltet er damit die Gemüter. Doch was ist dran am Leben
der Jodie Holmes?
Eine Erfahrung zwischen Spiel und Film
Schon mit Fahrenheit auf der PS2 und Heavy Rain auf der PS3
gelang es den Entwicklern ein eigenes Genre zu definieren. Es gab zwar schon
vorher diverse Arten von „interaktiven Filmen“, doch spätestens mit dem meines
Erachtens grandiosen Heavy Rain erschuf man etwas nie Dagewesenes. Und mit
Beyond will Mr. Cage seinen Stil nicht nur beibehalten, sondern noch
drastischer durchsetzen.
Die Story dreht sich um ein Mädchen namens Jodie Holmes
(verkörpert von Ellen Page) und ihren geisterhaften Freund Aiden. Zusammen
erlebt man verschiedenste Ausschnitte aus dem Leben von Jodie und beobachtet
wie sich ihr Werdegang entwickelt. Wer Heavy Rain gespielt hat, weiß in etwa
wie das Spiel abläuft. Alles ist in einzelne Szenen unterteilt, welche je
nachdem aber wesentlich länger ausfallen können als noch beim Vorgänger (etwa 5
– 40 Minuten). Jede dieser Szenen beginnt mit einer Zwischensequenz und
irgendwann kann man schließlich Jodie selbst steuern. Im direkten Vergleich zum
Vorgänger wirkt die Steuerung der Spielfigur jetzt zwar etwas besser, aber
immer noch zu unpräzise. In den jeweiligen Szenen kann man dann mit der
Umgebung interagieren oder zB mit Personen sprechen. Leider sind die Gedanken
der Figur nun nicht mehr wie In Heavy Rain einsehbar, was ich persönlich etwas
schade finde.
Spannend wird’s, sobald man Dreieck drückt. Dann schaltet
die Steuerung auf Aiden um und man kann das Gebiet aus der Ego-Perspektive
erkunden. Als Aiden ist es zum Beispiel möglich Gespräche zu belauschen, mit
der Umgebung zu interagieren, Personen ab zu lenken, zu erwürgen oder sogar
Besitz von Ihnen zu ergreifen. All diese Möglichkeiten geben verschiedene
Arten, wie man diverse Situationen lösen kann. Meistens wirken sich diese
Möglichkeiten aber nicht wirklich auf den weiteren Spielverlauf aus. Schade
drum. Da Aiden auch untrennbar mit Jodie verbunden ist, kann er nur in einem
gewissen Radius umherschweben. Manchmal vergrößert sich dieser Radius
allerdings ohne wirklichen Grund, was einen kleinen Knick in der Logik gibt.
Mehr Spiel als Heavy Rain?
Schon bei Heavy Rain meckerten viele Spieler, dass einfach
zu wenig „Spiel“ drin steckt und tatsächlich scheint man sich diese Worte
seitens Entwicklerteam zu Herzen genommen zu haben. Man hat nicht mehr so oft
das Gefühl einfach nur Knöpfchen zu drücken und ein QTE nach dem anderen ab zu
arbeiten. Oft hat man auch viel größere Gebiete in denen man zum Beispiel
schleichen, oder Gegner ausschalten muss. Die meiste Zeit funktioniert das auch
recht gut und man fühlt sich fast wie Solid Snake. ;-) Es kommt jedoch auch
vor, dass einem die für solche Manöver immer noch zu unpräzise funktionierende
Steuerung einen Strich durch die Rechnung macht. Die Actionsequenzen wurden
übrigens auch überarbeitet. Ist Jodie etwa in einem Kampf, schaltet das Spiel
bei jeder Aktion in eine Zeitlupe und man muss den rechten Stick entsprechend
Jodies Bewegung ausführen. In der Hektik geht da aber manchmal die Übersicht
verloren und man erleidet einen Treffer nach dem anderen.
Das Herzstück bleibt die Story
Obwohl Beyond mit verschiedenen Mitteln versucht mehr Spiel
zu sein und es Streckenweise sogar recht gut schafft, bleibt das Herzstück
natürlich die Story und ihre Charaktere. Im Kern steht dabei natürlich Jodie
und ihre Beziehung zu Aiden. Es ist interessant mit an zu schauen, wie Aiden
auf Jodies Aktionen reagiert. Es kann durchaus vorkommen, dass ihm etwas nicht
passt und er dem Spieler Streiche spielt. Minder wichtig für die Geschichte ist
Nathan Dawkins (verkörpert von Willem Dafoe). Er arbeitet bei der DPA eine
Unterorganisation der CIA welche paranormale Aktivitäten erforscht. Mit
zunehmender Spieldauer gewinnt auch die Beziehung zwischen ihm und Jodie immer
mehr an Bedeutung. Übrigens läuft die Story von Beyond nicht strikt
chronologisch ab. Mal spielt man die erwachsene Jodie, in der nächsten Szene
als kleines Mädchen nur um dann auf eine Party als Teenager zu gehen. Das
bringt nicht nur Erzählerisch einige Kniffe, sondern auch spielerisch. So
konnten die Entwickler auf künstlich wirkende Action-Szenen verzichten und eine
gute Mischung aus ruhigen und schnellen Sequenzen aneinander reihen. Tolle
Idee!
Technisch über jeden Zweifel erhaben
Ein ist klar. Man kann Beyond mögen oder nicht, aber auf
technischer Seite wurde wirklich alles richtig gemacht. Durch den starken
Einsatz von Motion-Capturing sehen die Animationen und auch die Charaktere
selbst brillant aus. Vor allem Jodie und Dawkins wirken fast real und kitzeln
alles aus der alten PS3 heraus, was möglich ist. Die Schauplätze sind zu jeder
Zeit stimmig und insgesamt wirkt jeder Moment wie aus einem guten Kinofilm.
Auch die deutschen Sprecher machen eine richtig gute Arbeit und nehmen es auf
jeden Fall fast mit dem englischen Original auf. Dazu kommt noch ein grandioser
Soundtrack welcher ursprünglich von Normand Corbeil kommen sollte. Dieser verstarb jedoch
tragischer Weise bevor er seine Arbeit abschließen konnte. Somit wurde diese Aufgabe an Lorne Balf weitergegeben, welcher
schon bei Assassin’s Creed III seine Qualität für Videospielsoundtrack bewiesen hat. Und auch Hans
Zimmer war am Projekt beteiligt, was man an vielen Stellen auch eindeutig hört.
Viele Parts klingen stark nach Dark Knight oder Inception. Insgesamt behält das
Team die Ideen ihres Vorgängers jedoch bei. Die sphärischen und geisterhaften
Melodien fügen sich perfekt in das sehr gute Gesamtbild und sorgen oftmals für
Gänsehaut Momente. Sogar einige schaurige Passagen ließen mich als Spieler ein
paar Mal erschrecken. Alles in allem einer der besten Game-OSTs der letzten
Jahre.
Wie von einer anderen Welt
Fazit: Für mich war Beyond: Two Souls eines der meist
erwarteten Spiele diesen Jahres. Und ich wurde nicht enttäuscht. Mit einer
grandiosen Optik präsentiert David Cage ein weiteres ungewöhnliches Videospiel
mit tollen Charakteren und einer packenden Geschichte die mich erneut
verschiedenste Gefühle durchleben ließ. Ellen Page und Willem Dafoe lieferten
beide tolle Arbeit und für mich ist Beyond trotz einiger Schwächen und
Logiklöchern eines der besten und auf jeden Fall interessantesten Spiele des
Jahres. Auch wenn ich sagen muss, dass Jodies Leben einen Ticken hinter dem
grandiosen Vorgänger um den Origami Killer liegt. Trotzdem sind wohl beide Werke absolute Pflichttitel für ambitionierte PS3-Besitzer und Beyond: Two Souls ist ein weiteres grandioses Abschiedsgeschenk für die gute alte Playstation 3. (Meine Fat-Lady;-))
Ich freue mich jetzt schon auf das nächste Projekt von
quantic dream und hoffe, dass nächstes Mal wieder mehr Wert auf
handlungsrelevante Entscheidungen gelegt wird. Denn obwohl es verschiedenste
Enden gibt (habe bis jetzt 4 gesehen), unterscheiden sich manche Mal mehr, mal
weniger vom anderen. Insgesamt bleibt jedoch alles wesentlich linearer als in
Heavy Rain. Und auch an der Logik der Story könnte man nächstes Mal noch etwas
besser arbeiten. Ansonsten meine volle Empfehlung für alle Fans einer packenden
Geschichte!
-euer Genesis