Montag, 5. März 2018

Verfolgung - David Lagercrantz





Erneut entführt und David Lagercrantz in Vertretung für Stieg Larsson in die dunkle Welt der Lisbeth Salander. Mit dabei ist natürlich auch diesmal der scharfsinnige Investigativreporter Mikael Blomkvist. Im nunmehr fünften Teil der Millennium-Serie dreht sich alles um ein ominöses Genetik-Institut, das zudem noch mit Lisbeths Vergangenheit in Verbindung stehen soll. Zu allem Überfluss sitzt Salander gerade eine kurze Haftstrafe im Gefängnis ab und gerät dort in einen gefährlichen Machtkampf, der sich bald schon über die Gefängnismauern ausbreiten soll. Lagercrantz hat es mit Verfolgung meiner Meinung nach endlich geschafft, sich richtig in die Charaktere hineinzuversetzen. Die Figuren wirken im Vergleich zum Vorgänger glaubhafter und näher dran an Larssons originaler Trilogie. Zudem schafft er es generell viel besser, den Stil und die Atmosphäre der Originale weiterzuführen und dabei etwas Eigenes hineinzubringen.

Auch der Aufbau des Romans orientiert sich mit seinem starken Fokus auf das psychologische Innenleben der Figuren wieder stärker am Original. Generell ist es erneut sehr spannend, mehr über Lisbeth Salanders Vergangenheit zu erfahren. Die Hauptgeschichte an sich ist, wie für die Reihe üblich, sehr komplex und gut durchdacht, wirkt für manche Leser aber vielleicht etwas langatmig und lässt oft an Spannung vermissen. Das ist jedoch nichts Neues und sollte Fans der Serie keinesfalls abschrecken, im Gegenteil. Meiner Meinung nach macht gerade dies die Reihe besonders und hebt sich von anderen Genrevertretern ab. Dies ist wohl einer der Gründe, weshalb die Klassifizierung als Krimi nicht ins Schwarze trifft. Vielmehr erlebt man als Leser die Beleuchtung und Aufdeckung komplexer Verstrickungen, während die gut geschriebenen und glaubhaften Charaktere ihr Innerste offenbaren.

Doch neben all dem Lob gibt es auch einige Kritikpunkte meinerseits. Lisbeth Salander ist nach wie vor eine der interessantesten literarischen Figuren, die ich kenne und meistens hat Lagercrantz ein sehr gutes Gefühl bei ihrer Darstellung. Es gibt jedoch immer wieder einzelnen Stellen, bei denen man merkt, dass dieser höchst komplexe Charakter von jemand anderem erschaffen wurde. Ich ertappte mich zwei, drei Mal dabei, dass ich dachte „würde Lisbeth das so tun/sagen?“. Und auch ihre scheinbare Unverwundbarkeit wirkt an manchen Stellen unglaubwürdig. Auch fehlt es der Geschichte insgesamt etwas an dieser pessimistischen Anschauung von Frauen in unserer Gesellschaft und dem Hass gegenüber der patriarchalen Welt. Lagercrantz versucht dies zwar immer wieder aufzugreifen und die Thematik rund um extremen Islamismus verdeutlicht dies, dennoch spürt man, dass das Thema Larsson wesentlich stärker geprägt hat, als Lagercrantz.

Insgesamt ist Verfolgung ein gelungenes Wiedersehen mit Salander und Blomkvist, bei dem man spürt, dass der Autor die Charaktere inzwischen noch besser bereift. Dennoch spürt man auch weiterhin, dass diese höchst komplexen Charaktere nicht seine eigene Schöpfung sind. Er schafft es aber trotzdem, einen großen Teil der bekannten Atmosphäre einzufangen und ich fühlte mich an einigen Stellen stark an die Erlebnisse beim Lesen der originalen Trilogie erinnert. Der fünfte der Teil Millennium-Reihe ist eine würdige Fortsetzung der Reihe und für alle Serienfans garantiert empfehlenswert. Ein literarisches Ausnahmewerk wie Larssons Original, wird die Serie meiner Meinung nach aber wohl nicht mehr hervorbringen können.

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