Erneut entführt und David Lagercrantz in Vertretung für
Stieg Larsson in die dunkle Welt der Lisbeth Salander. Mit dabei ist natürlich
auch diesmal der scharfsinnige Investigativreporter Mikael Blomkvist. Im
nunmehr fünften Teil der Millennium-Serie dreht sich alles um ein ominöses
Genetik-Institut, das zudem noch mit Lisbeths Vergangenheit in Verbindung
stehen soll. Zu allem Überfluss sitzt Salander gerade eine kurze Haftstrafe im
Gefängnis ab und gerät dort in einen gefährlichen Machtkampf, der sich bald
schon über die Gefängnismauern ausbreiten soll. Lagercrantz hat es mit
Verfolgung meiner Meinung nach endlich geschafft, sich richtig in die Charaktere
hineinzuversetzen. Die Figuren wirken im Vergleich zum Vorgänger glaubhafter
und näher dran an Larssons originaler Trilogie. Zudem schafft er es generell
viel besser, den Stil und die Atmosphäre der Originale weiterzuführen und dabei
etwas Eigenes hineinzubringen.
Auch der Aufbau des Romans orientiert sich mit seinem
starken Fokus auf das psychologische Innenleben der Figuren wieder stärker am
Original. Generell ist es erneut sehr spannend, mehr über Lisbeth Salanders
Vergangenheit zu erfahren. Die Hauptgeschichte an sich ist, wie für die Reihe üblich,
sehr komplex und gut durchdacht, wirkt für manche Leser aber vielleicht etwas
langatmig und lässt oft an Spannung vermissen. Das ist jedoch nichts Neues und
sollte Fans der Serie keinesfalls abschrecken, im Gegenteil. Meiner Meinung nach
macht gerade dies die Reihe besonders und hebt sich von anderen Genrevertretern
ab. Dies ist wohl einer der Gründe, weshalb die Klassifizierung als Krimi nicht
ins Schwarze trifft. Vielmehr erlebt man als Leser die Beleuchtung und Aufdeckung
komplexer Verstrickungen, während die gut geschriebenen und glaubhaften
Charaktere ihr Innerste offenbaren.
Doch neben all dem Lob gibt es auch einige Kritikpunkte
meinerseits. Lisbeth Salander ist nach wie vor eine der interessantesten
literarischen Figuren, die ich kenne und meistens hat Lagercrantz ein sehr
gutes Gefühl bei ihrer Darstellung. Es gibt jedoch immer wieder einzelnen
Stellen, bei denen man merkt, dass dieser höchst komplexe Charakter von jemand
anderem erschaffen wurde. Ich ertappte mich zwei, drei Mal dabei, dass ich dachte
„würde Lisbeth das so tun/sagen?“. Und auch ihre scheinbare Unverwundbarkeit
wirkt an manchen Stellen unglaubwürdig. Auch fehlt es der Geschichte insgesamt
etwas an dieser pessimistischen Anschauung von Frauen in unserer Gesellschaft
und dem Hass gegenüber der patriarchalen Welt. Lagercrantz versucht dies zwar
immer wieder aufzugreifen und die Thematik rund um extremen Islamismus
verdeutlicht dies, dennoch spürt man, dass das Thema Larsson wesentlich stärker
geprägt hat, als Lagercrantz.
Insgesamt ist Verfolgung ein gelungenes Wiedersehen mit
Salander und Blomkvist, bei dem man spürt, dass der Autor die Charaktere inzwischen
noch besser bereift. Dennoch spürt man auch weiterhin, dass diese höchst
komplexen Charaktere nicht seine eigene Schöpfung sind. Er schafft es aber
trotzdem, einen großen Teil der bekannten Atmosphäre einzufangen und ich fühlte
mich an einigen Stellen stark an die Erlebnisse beim Lesen der originalen
Trilogie erinnert. Der fünfte der Teil Millennium-Reihe ist eine würdige
Fortsetzung der Reihe und für alle Serienfans garantiert empfehlenswert. Ein
literarisches Ausnahmewerk wie Larssons Original, wird die Serie meiner Meinung
nach aber wohl nicht mehr hervorbringen können.
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