Selten genießt ein Anime innerhalb, als auch außerhalb der
Community einen derartigen Ruf. Ghost in the Shell gilt als eines der
bedeutendsten Werke der Anime-Geschichte. Zurecht, war er doch maßgeblich dafür
mitverantwortlich, dass das Medium auch im Westen bekannt wurde. Nach langer
Produktionsphase und gewissen Unklarheiten ist der Major nun auch endlich in
der Hollywood-Variante im Kino zu sehen. Doch taugt die westliche Version zu
etwas?
Wir befinden uns in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft,
in der kybernetische Verbesserungen und hochentwickelte Datennetzwerke den
Alltag der Menschen bestimmen. Inmitten dieser sanft dystopisch angehauchten
Atmosphäre erzählt der Film die Geschichte der Sektion 9-Agentin Major. Soweit
so bekannt. Doch statt wie im Original auf der Suche nach der eigenen
Menschlichkeit zu sein, beschäftigt Major hier vor allem ihre eigene Vergangenheit.
Denn bis auf ihr Gehirn ist der Rest ihres Körpers vollkommen künstlich. Zwar
stellt auch die Hollywood-Variante immer wieder die Frage, was einen Menschen denn
nun wirklich ausmacht, jedoch macht der Film dies viel zu offensichtlich und
bemüht sich, dass auch noch der letzte Kinobesucher alle Zusammenhänge
versteht. Im Laufe der Story stolpert der Major über Spuren aus ihrer
Vergangenheit und Erinnerungsfetzen an ihr vorheriges Leben verunsichern sie
immer mehr. Während der Anime besonders auch die internationale Politik dieser
Zukunft miteinbezieht, begnügt sich die Realverfilmung mit einer recht
oberflächlichen Rachestory. Das macht den Film nicht per se schlecht, verleiht
ihm aber eine gewisse Beliebigkeit. Man verlässt den Kinosaal nicht mit offenem
Mund und tausend Fragen. Stattdessen freut man sich über die optischen Reize
und ein zufriedenstellendes Happy End.
Wie bereits angemerkt, machen all diese Punkte die
Hollywood-Version von Ghost in the Shell nicht zu einem schlechten Film.
Keineswegs. Als alleinstehender Abendfüller ist der Streifen sogar sehr
gelungen. Doch im Vergleich zum Anime fehlen wesentliche Merkmale. Die
tiefschürfenden philosophischen Fragen wurden beinahe zur Gänze ignoriert und
auch der Major, obwohl von Scarlett Johansson durchaus gut gespielt, wirkt zu
menschlich und naiv. Das Original hatte eine gewisse melancholische Transzendenz,
was nicht zuletzt auch am außergewöhnlichen Soundtrack lag. Auch hier liefert
Hollywood eigentlich keine wirklich schlechte Arbeit. Der Score von Hans
Zimmer-Schüler Lorne Balf fügt sich atmosphärisch in die beeindruckenden
Bilder, sticht jedoch nicht explizit heraus. Im Originalfilm wurde gerade durch
sehr mutig gewählte Soundtracks eine einzigartige und bedrückende Atmosphäre
erschaffen.
Was bleibt also? Hollywoods Variante des Cyberpunkt
Klassikers Ghost in the Shell ist ein sehr sehenswerter Film. Er fängt vieles
der Ästhetik des Originals ein indem er zahlreiche Szenen gekonnt
interpretiert. Leider fehlt es ihm hier an eigenen aussagekräftigen Bildern. Er
liefert eine solide Story mit interessanten Ansätzen, traut sich jedoch nicht
wirklich über hollywoodtypische Blaupausen hinaus. Abschließend kann ich nur
sagen, dass der Film weit weg ist von dem Reinfall, den ihm mancher Kritiker
zuspricht. Er unterhält auf durchaus hohem Niveau und regt vielleicht das eine
oder andere Gespräch über Ethik und Moral an. Den Impact des Originals und die
Diskussionen und Interpretationen, die bis heute andauern, hat er jedoch zu
keinem Zeitpunkt.
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