Mittwoch, 12. April 2017

Ghost in the Shell (Kino)



  
Selten genießt ein Anime innerhalb, als auch außerhalb der Community einen derartigen Ruf. Ghost in the Shell gilt als eines der bedeutendsten Werke der Anime-Geschichte. Zurecht, war er doch maßgeblich dafür mitverantwortlich, dass das Medium auch im Westen bekannt wurde. Nach langer Produktionsphase und gewissen Unklarheiten ist der Major nun auch endlich in der Hollywood-Variante im Kino zu sehen. Doch taugt die westliche Version zu etwas?

Wir befinden uns in einer nicht allzu weit entfernten Zukunft, in der kybernetische Verbesserungen und hochentwickelte Datennetzwerke den Alltag der Menschen bestimmen. Inmitten dieser sanft dystopisch angehauchten Atmosphäre erzählt der Film die Geschichte der Sektion 9-Agentin Major. Soweit so bekannt. Doch statt wie im Original auf der Suche nach der eigenen Menschlichkeit zu sein, beschäftigt Major hier vor allem ihre eigene Vergangenheit. Denn bis auf ihr Gehirn ist der Rest ihres Körpers vollkommen künstlich. Zwar stellt auch die Hollywood-Variante immer wieder die Frage, was einen Menschen denn nun wirklich ausmacht, jedoch macht der Film dies viel zu offensichtlich und bemüht sich, dass auch noch der letzte Kinobesucher alle Zusammenhänge versteht. Im Laufe der Story stolpert der Major über Spuren aus ihrer Vergangenheit und Erinnerungsfetzen an ihr vorheriges Leben verunsichern sie immer mehr. Während der Anime besonders auch die internationale Politik dieser Zukunft miteinbezieht, begnügt sich die Realverfilmung mit einer recht oberflächlichen Rachestory. Das macht den Film nicht per se schlecht, verleiht ihm aber eine gewisse Beliebigkeit. Man verlässt den Kinosaal nicht mit offenem Mund und tausend Fragen. Stattdessen freut man sich über die optischen Reize und ein zufriedenstellendes Happy End.

Wie bereits angemerkt, machen all diese Punkte die Hollywood-Version von Ghost in the Shell nicht zu einem schlechten Film. Keineswegs. Als alleinstehender Abendfüller ist der Streifen sogar sehr gelungen. Doch im Vergleich zum Anime fehlen wesentliche Merkmale. Die tiefschürfenden philosophischen Fragen wurden beinahe zur Gänze ignoriert und auch der Major, obwohl von Scarlett Johansson durchaus gut gespielt, wirkt zu menschlich und naiv. Das Original hatte eine gewisse melancholische Transzendenz, was nicht zuletzt auch am außergewöhnlichen Soundtrack lag. Auch hier liefert Hollywood eigentlich keine wirklich schlechte Arbeit. Der Score von Hans Zimmer-Schüler Lorne Balf fügt sich atmosphärisch in die beeindruckenden Bilder, sticht jedoch nicht explizit heraus. Im Originalfilm wurde gerade durch sehr mutig gewählte Soundtracks eine einzigartige und bedrückende Atmosphäre erschaffen.

Was bleibt also? Hollywoods Variante des Cyberpunkt Klassikers Ghost in the Shell ist ein sehr sehenswerter Film. Er fängt vieles der Ästhetik des Originals ein indem er zahlreiche Szenen gekonnt interpretiert. Leider fehlt es ihm hier an eigenen aussagekräftigen Bildern. Er liefert eine solide Story mit interessanten Ansätzen, traut sich jedoch nicht wirklich über hollywoodtypische Blaupausen hinaus. Abschließend kann ich nur sagen, dass der Film weit weg ist von dem Reinfall, den ihm mancher Kritiker zuspricht. Er unterhält auf durchaus hohem Niveau und regt vielleicht das eine oder andere Gespräch über Ethik und Moral an. Den Impact des Originals und die Diskussionen und Interpretationen, die bis heute andauern, hat er jedoch zu keinem Zeitpunkt.

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