Dienstag, 5. Juni 2018

A Way Out (PS4)




Vincent und Leo sitzen im selben Boot. Beide verbüßen ihre Haftstraße im Knast und wie es der Zufall so will, liegen ihre Zellen auch noch genau nebeneinander. Zu allem Überfluss scheinen die zwei Häftlinge einen Groll gegenüber dem selben Mann zu hegen. Harvey ist demnach sowohl für Vincents, als auch Leos Verhaftung verantwortlich. Die zwei Schicksalsgenossen schließen sich schnell zusammen und entwerfen einen Plan, um aus dem Gefängnis auszubrechen. Die Geschichte an sich scheint vorerst recht klassisch und erinnert an bekannte Ausbruchs-Filme. Doch der eigentliche Ausbruch nimmt nur einen Teil der etwa 10-15 Stunden langen Story ein. Tatsächlich lernt man die Charaktere erst außerhalb des Gefängnisses richtig kennen und hinter beiden scheint wesentlich mehr zu stecken, als man vorerst glaubt.

Das Gameplay per se ist eigentlich recht unspektakulär und konzentriert sich im Großteil des Spiels auf das Erkunden und Interagieren der zahlreichen Schauplätze. Als Spieler kann man mit beinahe allen Personen sprechen und so weitere Informationen bekommen. Der Clou ist allerdings der Koop-Part. A Way Out ist exklusiv im Split-Screen kooperativ spielbar. Sei es lokal oder online, ohne einen echten menschlichen Mitspieler kommt man nicht weit. Auch die Kommunikation zwischen den beiden Spielern ist wichtig. So sorgt ein Spieler etwa für Ablenkung, während sein Partner einen wichtigen Gegenstand entwendet. Oder die beiden Spieler sind sogar dazu gezwungen, einzelne Aktionen simultan durchzuführen. Das Ganze wirkt dabei selten aufgesetzt und fügt sich harmonisch ins Spielgeschehen. Auch die Aufteilung und das Managements der Teilbildschirme ist gelungen und trägt einiges zur Atmosphäre bei. So vergrößert sich der Bildschirmanteil des Spielers, der gerade wichtige Aktionen durchführt. Geschossen und gefahren wird in einem Actiontitel um zwei Gefängnisflüchtlinge natürlich auch. Diese Passagen sind ebenso solide und gelungen, können für sich stehend aber natürlich nicht mit großen AAA-Titeln wie Uncharted oder GTA mithalten. Dennoch ist der Titel, was das Gameplay angeht, durchaus gelungen. Er ist abwechslungsreich, bietet unzählige Interaktionsmöglichkeiten, die die Welt organisch wirken lassen, und ist gleichzeitig relativ einfach zu spielen, sodass auch unerfahrenere Spieler ihre Freude daran haben werden. Immer wieder darf man zudem gemeinsam Entscheidungen treffen, die entscheiden, wie die Handlung voranschreitet. Kommunikation ist wie gesagt enorm wichtig.

Die beiden Hauptcharaktere sind toll geschrieben und schnell freundet man sich mit ihnen an. Vincent ist dabei der ruhige Denker, während Leo das Temperament mitbringt. Generell hält die Story einiges bereit, das man anfangs nicht am Schirm hatte. So sitzt man gemeinsam mit seinem Mitspieler immer wieder gespannt vor dem Bildschirm und gibt sein Bestes, um gemeinsam zum Ziel zu kommen. Nebenbei hält sie Geschichte jedoch den ein oder anderen Twist bereit, der für viel Gesprächsstoff sorgen dürfte.

Insgesamt kann ich nur sagen, dass A Way Out ein extrem motivierender und spannend inszenierter Koop-Titel ist, der durch einige Kniffe seitens der Entwickler grandios wird. Hätte man den Koop-Part weggelassen, wäre das Spiel garantiert nur obere Mittelklasse. Doch die klug eingesetzten Mehrspieler-Aspekte machen A Way Out zu einem unverpassbaren Pflichttitel für Splitscreen-Freunde und meiner Meinung nach zu einem der besten Koop-Titel aller Zeiten.

Dienstag, 29. Mai 2018

God of War (PS4)



Er ist der zornigste Genosse der Spielewelt und hat in seinen vergangenen Geschichten das gesamte griechische Pantheon ausgelöscht. Kratos, der Gott des Krieges, kehrt seit Jahren der Abstinenz in einem fulminanten Action-Adventure zurück, das kein PS4-Besitzer verpassen sollte.

Der grimmige Grieche wollte seine blutige Vergangenheit hinter sich lassen und zog sich weit in den Norden zurück. In der fremden Welt Midgard lebt er Jahre lang zusammen mit seiner Frau Faye und ihrem gemeinsamen Sohn Atreus in Frieden. Doch alles ändert sich, als Faye stirbt. Ihrem letzten Wunsch folgend, begeben sich Vater und Sohn auf die gefährliche Reise zum höchsten Gipfel aller Welten, um dort ihre Asche zu verstreuen. Aber ihr Aufbruch bleibt nicht unbemerkt und die Asen, die nordischen Götter, scheinen unangenehmes Interesse an ihrer Reise zu hegen. Bald schon verstricken sich Kratos und Atreus in die Machtkämpfe der nordischen Mythologie, dabei entdecken sie unzählige Geheimnisse und die eigene Vergangenheit. Die Entwickler Santa Monica Studios verstehen es dabei meisterhaft, den Spieler mit einer enorm immersiven und audiovisuell schier beeindruckenden Welt gefangen zu nehmen. Dabei bewegen sich sowohl Gameplay, als auch Narration auf einem Niveau, das man selten findet. Jeder Spannungsbogen, jeder der interessant geschriebenen Charaktere und jede noch so kleine Nebenhandlung wirkt dabei glaubhaft und lebensecht inszeniert. Die Entwickler haben es tatsächlich geschafft, die alte Legende wiederzuerwecken. Mehr noch als das, haben sie es fertiggebracht, jegliche Aspekte der Vorgänger zu überbieten und ein neuartiges Spielgefühl zu erzeugen, dessen Seele jedoch immer noch die Quintessenz der alten Titel in sich trägt. Etwas anderes als dies einen meisterhaften Geniestreich zu nennen, wäre meiner Meinung nach unterrieben. God of War ist der Wiedererweckung und gleichzeitig die konsequente Neuentdeckung einer populären Serie, die an Ernsthaftigkeit gewonnen hat und voller grandioser Momente steckt. Dieses Videospiel ist ganz großes Kino, das man als Spieler nicht verpassen sollte. Fans der Vorgänger müssen ohnehin zuschlagen, da der neueste Titel neben seiner fantastischen Eigenständigkeit auch zahlreiche Anspielungen und Referenzen beinhaltet, die Veteranen Gänsehaut bescheren wird. Abschließend kann ich nur sagen, dass Santa Monica Studios hier ein wahres Meisterwerk moderner Videospielkunst erschaffen hat. Ein Spiel, das erneut zeigt, wozu das Medium heute fähig ist und das zeigt, dass einige der besten Geschichten unserer Generation mit einem Controller in der Hand erlebt werden müssen.

Donnerstag, 26. April 2018

Lauren Wolk - Eine Insel zwischen Himmel und Meer




Es war ein Tag wie jeder andere, als der Mann ein gerade noch seetüchtiges Boot am Strand seiner kleinen Insel entdeckt. Darin findet er ein Neugeborenes, ein kleines Mädchen. Er nimmt sie bei sich auf, gibt ihr den Namen Crow, und zieht sie fortan groß. Zwölf Jahre später beginnt das junge Mädchen ihre eigene Vergangenheit zu ergründen.

Die Geschichte nimmt seine Leser mit in die erste Hälfte des 20. Jahrhunderts. Crow ist inzwischen 12 Jahre alt und lebt gemeinsam mit Osh, der sie vieles lehrte, auf einer kleinen Insel, die Teil der Elisabeth Inseln ist, welche vor der Westküste Nordamerikas gelegen sind. Ihr Leben ist einfach und zweckmäßig, gleichzeitig jedoch voller Ruhe und Geborgenheit. Osh ist ein Aussteiger und spricht nicht über seine Vergangenheit, lediglich Miss Maggie, die eine Insel weiter eine Art Hof betreibt, scheint mehr über ihn zu wissen. Auf den größeren der Elisabeth Inseln, die die beiden immer wieder besuchen, um Waren einzukaufen, wird Crow von den meisten Menschen gemieden. Lange weiß sie nicht, woran das liegt, doch bald erkennt sie, dass sie Angst haben. Angst, sie könnte von Penikese Island kommen, wo vor einigen Jahren noch eine ganze Leprakolonie existierte. Obwohl das Mädchen vollkommen mit ihrem einfachen Leben zufrieden scheint, sehnt sie sich danach, zu erfahren, woher sie wirklich kommt. Sie beginnt damit, ihre Vergangenheit zu erforschen und ergründet dabei die tragische Geschichte der Leprakranken von Penikese. Unwissend stößt sie jedoch auf Geheimnisse, die sie und ihre Liebsten in Gefahr bringen. Es beginnt eine emotionale Geschichte über den wahren Wert von Familie, die auch einiges an Spannung bereithält und einige Male durchaus überraschen kann.

Lauren Wolks Jugendroman glänzt besonders durch die glaubhaft dargestellten Charaktere und deren nachvollziehbare Beziehungen und Handlungen. Er erzählt eine ruhige und gleichzeitig spannende Coming-of-Age Geschichte in einem Setting, das oftmals an Robinson Crusoe erinnert. Die alltäglichen Arbeiten und Erlebnisse von Crow zeigen eine einfachere, rauere Welt, die ebenso interessant, wie beruhigend wirkt. Die spannende und teils auch mysteriöse Handlung, die etwa ab der Hälfte des Buches einsetzt, setzt hierzu einen großartigen Kontrast, welcher die Geschichte insgesamt sehr abwechslungsreich und dynamisch erscheinen lässt. Lauren Wolks Schreibstil ist dabei einfach und leicht verständlich, durch seine Schnörkellosigkeit jedoch umso direkter und greifbarer. Dennoch verwendet sie immer wieder schöne Umschreibungen und Metaphern, die die Atmosphäre des Buches hervorragend unterstützen und ihm eine schöne Symbolik verleihen.

Insgesamt ist „Eine Insel zwischen Himmel und Meer“ ein grandioses Buch über das Finden des eigenen Ichs und den Wert der Familie, das sowohl junge, als auch ältere Leser, durch seine toll portraitierten Charaktere, begeistern kann. Definitiv eine große Empfehlung meinerseits!